Trotz Blockade der EU-Länder: Kommission will Glyphosat temporär wieder zulassen

Foto: https://www.stock.adobe.com/

Die Mitgliedstaaten haben den Vorschlag der Kommission, die Zulassung des Herbizids Glyphosat um ein weiteres Jahr zu verlängern, erneut blockiert. Dennoch wird die Kommission voraussichtlich noch vor Mitte Dezember eine übergangsweise Verlängerung genehmigen.

Am Dienstag (15. November) erreichte ein Berufungsausschuss, der sich aus Vertreter:innen der Mitgliedstaaten zusammensetzt, nicht die erforderliche Mehrheit, um grünes Licht für eine vorläufige erneute EU-Zulassung für Glyphosat als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln zu geben.

Glyphosat ist das am häufigsten verwendete Herbizid als Wirkstoff im Pflanzenschutz. Die Frage der Verlängerung war sehr umstritten, da die Meinungen über die Auswirkungen von Glyphosat auf Gesundheit und Umwelt auseinandergehen.

Die befristete Verlängerung der Glyphosat-Zulassung um ein weiteres Jahr wurde von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, da die derzeitige Zulassung Mitte Dezember ausläuft und die Neubewertung des Wirkstoffs durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erst im Juli 2023 vorliegen wird.

Im Oktober hatten die EU-Länder den Vorschlag zur Verlängerung erstmals im Ständigen Ausschuss der EU-Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) blockiert, woraufhin die Kommission Berufung einlegte.

Der zweite Versuch, die Verordnung zu verabschieden, scheiterte jedoch am Dienstag (15. November) erneut, da es wieder keine Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten für die temporäre Wiederzulassung von Glyphosat gab.

Ein von EURACTIV kontaktierter Sprecher der Kommission drückte „Bedauern“ darüber aus, dass „trotz einer Mehrheit der Mitgliedstaaten, die den Vorschlag der Kommission unterstützen, die notwendige qualifizierte Mehrheit leider nicht erreicht wurde.“

Der Ball liegt nun wieder in der Spielhälfte der Kommission, da das Kollegium der Kommissare die Regeln nun selbst genehmigen könnte.

„Die Kommission ist nun rechtlich verpflichtet, vor Ablauf der Frist Mitte Dezember eine Entscheidung zu treffen“, sagte der Kommissionssprecher.

Er bestätigte gegenüber EURACTIV, dass die Kommission nun die Verordnung eigenständig verabschieden werde, die die Zulassungsdauer von Glyphosat um ein Jahr, also bis zum 15. Dezember 2023, verlängern wird.

EU-Länder lehnen Glyphosat-Verlängerung ab

Vertreter:innen der Mitgliedstaaten haben einen Vorschlag der EU-Kommission blockiert, das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat übergangsweise um ein Jahr zu verlängern, bis eine neue Einschätzung der relevanten EU-Behörde vorliegt.

Die Umweltschutzorganisation Pesticide Action Network (PAN Europe) hofft jedoch immer noch, dass die Kommission ihre Meinung ändert und ein sofortiges Verbot des Pestizids vorschlägt, statt Glyphosat einen „Blankoscheck“ für ein weiteres Jahr auszustellen.

„Die heutige Abstimmung ist ein starkes Signal an die Europäische Kommission, dass wir Glyphosat ein für alle Mal aus dem Verkehr ziehen müssen“, sagte Gergely Simon, Chemikalienbeauftragter von PAN Europe.

Die Glyphosate Renewal Group (GRG) – eine Gruppe von Agrochemieunternehmen, die gemeinsam eine erneute Zulassung des Wirkstoffs beantragen – ist hingegen zuversichtlich, dass die derzeitige Zulassung letztlich verlängert wird, um den EU-Behörden genügend Zeit für den Abschluss der laufenden wissenschaftlichen Bewertung zu geben.

„Jeder andere Pflanzenschutzmittelwirkstoff, der in der EU eine solche befristete administrative Verlängerung benötigt hat, hat diese Verlängerung erhalten“, so die Gruppe in einer Erklärung.

Die Vertreter:innen der Mitgliedstaaten hätten dann die Möglichkeit, erneut über die Zukunft von Glyphosat abzustimmen. Dies würde auf der Grundlage der Schlussfolgerungen der Bewertung durch die EU-Chemikalienagentur (ECHA) und die Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geschehen, die für Mitte 2023 vorgesehen ist.

Die Frage, ob Glyphosat als karzinogen eingestuft werden kann, ob es also beim Menschen Krebs auslöst, ist eine der am heftigsten umstrittenen Fragen im Zusammenhang mit dem Herbizid, über die sich die Interessengruppen, die wissenschaftliche Gemeinschaft und verschiedene Behörden uneins sind.

Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation hat die Substanz als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, während die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zu dem Schluss kam, dass es „unwahrscheinlich ist, dass [Glyphosat] ein krebserregendes Risiko“ für den Menschen darstelle, wenn es über die Nahrung aufgenommen werde.

Zurück