Trendlebensmittel Eiweißbrot - Was steckt drin und was steht drauf?


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Eiweißbrot ist ein Spezialbrot mit verändertem Nährwert. In der Rezeptur dieser Brote werden Getreideerzeugnisse zum Großteil durch Weizeneiweiß und Sojaerzeugnisse ersetzt. Außerdem werden hohe Anteile an Ölsamen wie Leinsamen, Sesam und Sonnenblumenkerne eingebacken. Dadurch enthalten sie gegenüber vergleichbaren Erzeugnissen deutlich höhere Fett- und Eiweißanteile und eine reduzierte Kohlenhydratmenge.

Zwar sind die Rezepturen für eiweißangereicherte oder kohlenhydratverminderte Brote schon lange bekannt, doch besonders um das Jahr 2010 nahm die Marktbedeutung stark zu. Grund war der Hype um eine mit dem Slogan „Schlank im Schlaf“ beworbene Insulin-Trennkostmethode. Dieses Konzept sah abends einen Verzicht auf Kohlenhydrate zugunsten von Eiweiß vor. Hierfür sollte das „Eiweißabendbrot“ dienen. Eiweißbrot selber hat keine schlankmachende Wirkung. Zum Abnehmen muss immer der Energieverbrauch die Energieaufnahme übersteigen. Außerdem ist das Abnehmkonzept wissenschaftlich umstritten. Deshalb hat das Oberlandesgericht Schlewswig-Holstein die Werbung mit dem Slogan „Schlank im Schlaf“ im Jahr 2012 als irreführend und somit unzulässig beurteilt.

Untersuchungen des LAVES


Eiweißbrote sind nach wie vor im Handel erhältlich und werden immer stärker nachgefragt. Deshalb setzt sich das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) kontinuierlich mit der Analytik und Beurteilung von Eiweißbroten auseinander. In den Jahren 2020 und 2021 wurden im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover 46 Proben Eiweißbrot untersucht.

Die Angebotsformen sind vielfältig. Zur Untersuchung gelangte Eiweißbrot als Schnittbrot, Knäckebrot, Brötchenbeziehungsweise Toastbrötchen und mit Mandeln,Walnüssen, Ölsaaten oder Karotten. Diese Proben wurden überwiegend im Einzelhandel entnommen. Dort werden Eiweißbrote aus industriellen Großbäckereien vertrieben.

Die Eiweißbrote wurden auf folgende Parameter überprüft:

 

  • Einhaltung von rechtlichen Vorgaben für die Lebensmittelkennzeichnung
  • Beurteilung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben unter Heranziehung der Health-Claims-Verordnung
  • Überprüfung der sensorischen Beschaffenheit
  • analytische Überprüfung der Nährwertdeklaration (insbesondere Eiweiß, Fett, Ballaststoffe, Kohlenhydrate)
  • Vorkommen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), insbesondere Soja und Leinsamen

 

Ergebnis: Bei 27 von 46 Proben (56 Prozent) wurden keine Mängel festgestellt. Die folgende Tabelle zeigt Anzahl und Ergebnisse der Laboruntersuchungen:

 

Parameter Untersuchte Proben
(von 50)
Ergebnis Abweichungen
Fettgehalt 46 untersuchte Proben Durchschnitt
10,6 Gramm (g) pro 100g
2 Abweichungen zur Nährwertdeklaration
Eiweißgehalt 46 untersuchte Proben Durchschnitt
21,6 g pro 100g
keine Abweichungen zur Nährwertdeklaration
Ballaststoffgehalt 41 untersuchte Proben Durchschnitt
9,0 g pro 100g
8 Abweichungen zur Nährwertdeklaration
Kohlenhydrate 23 untersuchte Proben Durchschnitt
14,7 g pro 100g
keine Abweichungen zur Nährwertdeklaration
Gentechnisch veränderte Organismen 14 untersuchte Proben auf Leinsamen, 12 untersuchte Proben auf Soja, eine untersuchte Probe auf Weizen nicht nachweisbar keine Abweichungen

 

Auffallend ist die hohe Zahl der Abweichungen bei der Angabe des Ballaststoffgehalts. Bei allen acht Proben wurden in der Nährwerttabelle zu hohe Ballaststoffgehalte angegeben. Die deklarierten Ballaststoffgehalte wurden bei diesen Proben als irreführende Angaben beurteilt.

 

Was sind Ballaststoffe?

Ballaststoffe sind Nahrungsbestandteile, die für den Menschen unverdaulich sind. Meist handelt es sich um polymere, gerüstbildende Elemente von Pflanzen. Wichtigster Ballaststoff ist die Cellulose, die in pflanzlichen Fasern vorkommt. Die englischsprachige Bezeichnung als „dietary fibre“ spiegelt dies wider.

Ein Beispiel für solche Fasern sind die Schalenanteile von Getreidekörnern. Deshalb sind Vollkornprodukte eine gute Ballaststoffquelle. Die polymeren Ballaststoffe können in unserem Verdauungssystem nicht oder nur unvollständig gespalten und aufgenommen werden. Sie durchwandern daher das Verdauungssystem weitgehend unverändert. Trotzdem sind die Ballaststoffe für die Verdauung sehr wichtig. Sie regen nämlich die Darmmuskulatur zur Bewegung an und unterstützen so die Darmtätigkeit. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gilt als Richtwert für die Zufuhr von Ballaststoffen bei Erwachsenen eine Menge von mindestens 30 g pro Tag. Gute Ballaststofflieferanten sind Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Gemüse und Obst.

 

 

Bei zwei Proben wurde ein höherer Fettgehalt analysiert als deklariert war. In beiden Fällen wurde der deklarierte Gehalt als irreführende Angabe beurteilt.

Auf den Verpackungen von zwei Proben war die Auslobung „Den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend: Ohne Zugabe von Konservierungs- und Zusatzstoffen“ aufgedruckt. Diese Angaben wurden in Bezug auf die Aussage, dass die Verwendung von Zusatzstoffen generell für das vorliegende Produkt laut Gesetz nicht zulässig sei, als irreführend beurteilt.

Die letzte gemäß dem Schlank-im-Schlaf-Konzept als Eiweißabendbrot bezeichnete Probe wurde im Jahr 2015eingereicht. Seitdem gelangten nur noch Proben mit Bezeichnungen wie zum Beispiel „Eiweißbrot“ oder „Eiweißreiches Spezialbrot“ zur Untersuchung.

Beurteilung nach der Lebensmittelinformationsverordnung(LMIV)

Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) regelt in der Europäischen Union die Kennzeichnung von Lebensmitteln. Gemäß dieser Verordnung gab es bei den 46 Proben Eiweißbrot folgende Beurteilungen:

  • Zweimal Bezeichnung „Molkenpulver“ im Zutatenverzeichnis nicht ausreichend (Unterscheidungen laut Milcherzeugnis-Verordnung beispielsweise „Süßmolkenpulver“, „Sauermolkenpulver“, "enthaltendem Molkenpulver", "eiweißangereichertem Molkenpulver")
  • Einmal fehlender Verweis darauf, wo die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums auf der Verpackung zu finden ist
  • Einmal fehlende Überschrift „Zutaten“ zu Beginn des Zutatenverzeichnisses
  • Einmal Schriftgröße der Füllmengenangabe zu klein, Hinweis an Eichamt

 

Beurteilung nach der Health-Claims-Verordnung (HCVO)

Die Health-Claims-Verordnung ist die europäische Verordnung zu nährwertbezogenen Angaben bei Lebensmitteln. Eine Auslobung eines niedrigen Kohlenhydratanteils ist darin nicht vorgesehen und somit nicht erlaubt. Die Angabe „low carb“ wurde entsprechend eines Gerichturteils des Oberlandesgericht (OLG) Hamburg aus dem Jahr 2004 als nicht zugelassene nährwertbezogene Angabebeurteilt. Es besteht allerdings gemäß der Health-Claims-Verordnung die Möglichkeit einer vergleichenden Angabe, wie zum Beispiel „der Kohlenhydratgehalt ist niedriger“. Diese ist bei Kohlenhydraten nur zulässig, wenn der Unterschied in der Menge des Nährstoffs im Vergleich zu Lebensmitteln derselben Kategorie und in Bezug auf dieselbe Menge angegeben wird und mindestens 30 Prozent ausmacht. Das Urteil über die nährwertbezogene Angabe „low carb“ lässt sich auch zur Beurteilung der Kennzeichnung von Eiweißbroten heranziehen. Bei den 50 Proben Eiweißbrot gab es folgende Beurteilungen:

 

  • Zweimal unzulässige nährwertbezogene Angabe „enthält mindestens 30 % weniger Kohlenhydrate als herkömmliches Vollkornbrot“. Ein Vergleich ist nur zwischen Lebensmitteln derselben Kategorie und unter Berücksichtigung einer Reihe von Lebensmitteln dieser Kategorie zulässig. Der Unterschied in der Menge eines Nährstoffs und/oder im Brennwert ist anzugeben und der Vergleich muss sich auf dieselbe Menge des Lebensmittels beziehen. Die genannte Angabe ist nicht ausreichend bezüglich der Angabe des Unterschieds der Menge des Kohlenhydratgehaltes, es wird nur die Mindestanforderung für die nährwertbezogene Angabe genannt, nicht der Unterschied.
  • Einmal unzulässige nährwertbezogene Angabe „extra viel Protein“. Diese Angabe ist nicht im Anhang der VO (EG) Nr. 1924/2006 aufgeführt und daher nicht zulässig.
  • Einmal nährwertbezogene Angabe „Lower Carb – weniger Kohlenhydrate“ mit Nährwertangaben eines herkömmlichen Brotes zum Vergleich. Der Unterschied zum Vergleichslebensmittel kann in absoluten oder relativen Werten angegeben werden und nicht durch Differenzbildung des Verbrauchers ermittelbar sein.

Frühere Untersuchungsergebnisse:

Untersuchungsergebnisse 2015 bis 2019 (PDF nicht barrierefrei)

Quelle: https://www.laves.niedersachsen.de/

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