Schwefeldioxid und Sulfite: EFSA-Neubewertung sieht gesundheitliche Risiken bei hohem Verzehr; Datenlage weiterhin lückenhaft

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Mitteilung Nr. 039/2022 vom 20. Dezember 2022


In der Europäischen Union ist die Verwendung von Schwefeldioxid (E 220) sowie von Schwefeldioxidhaltigen Salzen (Sulfite; E 221-228), als Lebensmittelzusatzstoff in bestimmten Lebensmitteln zugelassen. Hierfür gelten jeweils Höchstmengen. Schwefeldioxid und Sulfite werden zum Beispiel Lebensmitteln als Konservierungsmittel zugesetzt, um das Wachstum von Pilzen, Bakterien und Hefen zu hemmen. Zudem werden sie als Antioxidationsmittel bestimmten Obst- und Gemüseerzeugnissen zugefügt, um eine Braunfärbung zu
vermindern oder ganz zu unterbinden. Sulfite kommen auch natürlicherweise im Körper und in Lebensmitteln vor. Im menschlichen Körper werden Sulfite mit Hilfe des Enzyms
Sulfit-Oxi-dase in das gesundheitlich unproblematische Sulfat umgewandelt. Schwefeldioxid wirkt als reizende Substanz (Irritans). Bei einigen Menschen kann der Kontakt mit Schwefeldioxid oder Sulfiten zu Reaktionen des Immunsystems, insbesondere Pseudoallergien, führen. So zeigen einzelne Studien, dass ein bestimmter Teil der untersuchten Asthma- und/oder Rhinitispatienten nach dem Konsum sulfithaltiger Lebensmittel mit bronchialen Reaktionen und/oder Urtikariaschüben (Nesselsucht) reagieren. Es wird geschätzt,dass in Deutschland 5-10 % der erwachsenen chronischen Asthmatikerinnen und Asthmatiker in unterschiedlichen Schweregraden auf Sulfite reagieren. Im Unterschied zur Allergieverursachen nicht Eiweißstoffe, sondern kleinmolekulare Substanzen, wie Sulfite oder Schwefeldioxid, die durch Immunglobulin-E(IgE)-Antikörper vermittelte pseudoallergene Reaktion.


Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte die Substanzen im Jahr 2016 einer erneuten Risikobewertung unterzogen, wie sie es routinemäßig für alle Lebensmittelzusatzstoffe tut, die vor dem Jahr 2009 in der EU zugelassen wurden. Die EFSA wies auf eine eingeschränkte Datenlage hin. Deshalb wurde damals die Gültigkeit der zuvor abgeleiteten akzeptablen täglichen Aufnahmemenge (ADI) zeitlich begrenzt (temporary ADI). Im Jahr 2022 hat die EFSA eine erneute Risikobewertung vorgenommen. In Tierstudien zeigten sich Hinweise auf potenziell gesundheitsschädliche Wirkungen von Sulfiten auf das zentrale Nervensystem, wie z. B. eine verzögerte Reaktion von Nervenzellen auf Stimuli, ein frühes Anzeichen für eine Funktionsstörung des Nervensystems. Da seit der letzten Bewertung keine adäquaten neuen Daten verfügbar geworden sind, wurde der „temporary ADI“-Wert zurückgezogen.
Die EFSA berechnete stattdessen einen MoE-Wert (Margin of Exposure). Hierbei handelt es sich um das Verhältnis zwischen der Dosis, die in Tierstudien zu einer bestimmten (geringen) unerwünschten Wirkung führt, und der Menge des Stoffes, der man schätzungsweise ausgesetzt ist (Exposition). Aus Sicht der EFSA sollte der MoE-Wert in diesem Fall mindestens 80 sein. Das heißt, bei einem MoE-Wert kleiner als 80 bestehen gesundheitliche Bedenken. Die Expositionsschätzungen der EFSA haben gezeigt, dass der MoE-Wert bei allen Altersgruppen (außer bei Jugendlichen) kleiner als 80 ist. Die EFSA weist darauf hin, dass Aspekte wie die Reaktionen des Immunsystems gegenüber Sulfiten aufgrund bestehender Wissenslücken weiter erforscht werden sollten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schließt sich diesen Schlussfolgerungen an und bekräftigt die Notwendigkeit einer verbesserten Datenlage, um die gesundheitliche Risikobewertung von Sulfiten in der Zukunft auf eine robuste Basis zu stellen.

Hier gibts die vollständige Mitteilung Nr. 039/2022 vom 20. Dezember 2022

Quelle: https://www.bfr.bund.de/de/start.html

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