Gesundheitliche Bewertung von Ethylenoxid-Rückständen in Sesamsamen

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Aktualisierte Stellungnahme Nr. 024/2021 des BfR vom 20. Juli 2021

In Produkten mit Sesamsamen aus Indien wie Riegeln, Snacks oder Salat-Toppings haben die Überwachungsbehörden der Länder in einigen Fällen Rückstände des Wirkstoffes Ethylenoxid gemessen. Die betroffenen Produkte wurden vom Handel zurückgerufen und gleichzeitig wurde die Öffentlichkeit über das europäische Schnellwarnsystem der Lebensmittelbehörden informiert. In der EU gilt ein vollständiges Anwendungsverbot für Ethylenoxid in Pflanzenschutzmitteln.

In Biozidprodukten ist der Wirkstoff zur Desinfektion erlaubt, allerdings ohne Lebensmittelkontakt. Ethylenoxid ist erbgutverändernd und krebserzeugend. Einen Richtwert ohne Gesundheitsrisiko gibt es somit nicht und Rückstände des Stoffes in Lebensmitteln sind grundsätzlich unerwünscht. Auf Grundlage der Methode „large assessment factor approach“ der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat das BfR eine sogenannte „Aufnahmemenge geringer Besorgnis“ abgeleitet. Diese dient dem Risikomanagement grundsätzlich als eine Hilfestellung bei der Priorisierung der Risikominderungsmaßnahmen von Substanzen in Hinblick auf Umfang und Dringlichkeit. Bei lebenslanger Aufnahme einer solchen Menge ist es unwahrscheinlich, dass das zusätzliche Risiko an Krebs zu erkranken ca. 1:100.000 übersteigt. Diese „Aufnahmemenge geringer Besorgnis“ hat das BfR für Ethylenoxid mit 0,037 Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht und Tag (μg/kg KG/Tag) berechnet.

In Übereinstimmung mit der EFSA verwendet das BfR diesen Ansatz jedoch nicht zur Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit von Pflanzenschutzmitteln, die Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten oder die Genehmigungsfähigkeit von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen. Der Ansatz sollte keinesfalls weder als Grundlage zur Feststellung der Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln mit Ethylenoxid-Rückständen durch die Länderbehörden herangezogen werden, noch zu einer generellen Abkehr vom Minimierungsgebot für gentoxische Kanzerogene ohne Schwellenwert führen. Neuere Analysen der Überwachungsbehörden der Länder haben gezeigt, dass in den untersuchten Sesamproben Ethylenoxid praktisch vollständig in 2-Chlorethanol umgewandelt
wurde. Der Metabolit 2-Chlorethanol wird in der EU bisher gemeinsam mit Ethylenoxid bewertet.

Auch der in der EU zulässige Rückstandshöchstgehalt von 0,05 Milligramm Ethylenoxid je Kilogramm Sesam bezieht sich auf die Summe von Ethylenoxid und 2-Chlorethanol, ausgedrückt als Ethylenoxid. Das BfR hat die bisherige Herangehensweise überprüft und bestätigt. Auch für 2-Chlorethanol gibt es Hinweise aus Tierstudien auf eine erbgutverändernde Wirkung. Die vorliegenden Informationen reichen nicht aus, um eine krebserzeugende Wirkung mit hinreichender Sicherheit auszuschließen. Da keine Hinweise darauf existieren, dass das Abbauprodukt 2-Chlorethanol stärker erbgutverändernd und krebserzeugend als Ethylenoxid sein könnte, wird empfohlen, bis zur abschließenden Klärung seines toxikologischen Potentials die Gentoxizität und Kanzerogenität des Metaboliten 2-Chlorethanol entsprechend der von Ethylenoxid zu bewerten.

Hier gehts zur vollständigen Stellungnahme: Aktualisierte Stellungnahme Nr. 024/2021 des BfR vom 20. Juli 2021

Quelle:

https://www.bfr.bund.de/

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