Rechtsentscheidung zu Meldepflichten von Laboren gem. § 44 Abs. 4a LFGB

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Bundesverwaltungsgericht entscheidet zu Meldepflichten von Laborverantwortlichen gem. § 44 Abs. 4a LFGB
von Prof. Dr. Clemens Comans am 20.02.2024 - cibus RechtsanwälteMit Urteil vom 14.12.2023 (BVerwG 3 C 7.22) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein Laborverantwortlicher auch dann die zuständigen Behörden über einen Laborbefund informieren muss, wenn das Labor die Analyse im Rahmen einer sog. Freigabeuntersuchung für ein Lebensmittelunternehmen durchgeführt hat, d.h. wenn der auftraggebende Lebensmittelunternehmer das Inverkehrbringen des Lebensmittels von einer beanstandungsfreien Analyse abhängig gemacht bzw. dem Labor erklärt hat, das Lebensmittel in dem unsicheren Zustand nicht in den Verkehr zu bringen. Die Entscheidung kann hier abgerufen werden. Sachverhalt Das klagende Labor wurde von einem Lebensmittelunternehmen mit der mikrobiologischen Untersuchung von Mandelkernen beauftragt. Diese wurden bereits in Verbraucherverpackungen abgefüllt. Ihr Inverkehrbringen sollte in unveränderter Form erfolgen, wenn die mikrobiologische Freigabeuntersuchung zufriedenstellend verlaufen wäre. Im Rahmen der mikrobiologischen Untersuchung stellte das Labor jedoch fest, dass die Mandelkerne Salmonellen enthielten. Im Anschluss hieran erfragte das Labor beim Auftraggeber, ob das Produkt als Lebensmittel in Deutschland in den Verkehr gebracht worden sei, was durch das Unternehmen verneint wurde. Hieraufhin entschied ein Mitarbeiter des Labors, dass der Fall nicht gemäß § 44 Abs. 4a LFGB zu melden sei. Im Rahmen einer betrieblichen Kontrolle wurde die für den Lebensmittelunternehmer zuständige Überwachungsbehörde auf den Prüfbericht aufmerksam und verhängte im Anschluss einen Bußgeldbescheid gegen den Laborverantwortlichen. In der Folge erhob das Labor Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass das streitgegenständliche Untersuchungsergebnis keine Meldepflicht im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB ausgelöst hat. Rechtlicher Hintergrund § 44 Abs. 4a LFGB bestimmt, dass, wenn der Verantwortliche eines Labors, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt, aufgrund einer von dem Labor erstellten Analyse einer im Inland von einem Lebensmittel gezogenen Probe Grund zu der Annahme hat, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, der Laborverantwortliche die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysenmethode und dem Auftraggeber der Analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten hat. Fraglich war im vorliegenden Fall, ob der Umstand, dass es sich um eine sog. Freigabeuntersuchung handelte, d.h. dass der auftraggebende Lebensmittelunternehmer das Lebensmittel erst nach erfolgter Untersuchung und Negativ-Testung auf pathogene Mikroorganismen in den Verkehr bringen wollte, das Entstehen einer Meldepflicht nach § 44 Abs. 4a LFGB hindert. Entscheidungsgründe Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt im Ergebnis die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster, das das Bestehen einer Meldepflicht bejaht hat. Im Wesentlichen führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass keine Anhaltspunkte dafür erkennbar seien, dass Laborverantwortliche bei einer Freigabeuntersuchung nicht meldepflichtig sein sollen. Weder der Wortlaut der Norm noch die zugrundeliegenden Gesetzgebungsmaterialien würden einen solchen Ansatz erkennen lassen.Ein Laborverantwortlicher habe im Sinne der Norm Grund zu der Annahme, dass das zu prüfende Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, wenn sich aus dem Ergebnis der von dem Labor durchgeführten Analysen und ggf. weiteren Umständen ergebe, dass das Lebensmittel voraussichtlich nicht den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit entspreche. Maßgebend seien dabei die tatsächlichen Umstände und deren zutreffende rechtliche Bewertung. Für das Bestehen der Mitteilungspflicht komme es nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts und entgegen der Ausführungen des OVG Münster hingegen nicht auf die subjektive Vorstellung des Laborverantwortlichen oder die Vertretbarkeit seiner rechtlichen Bewertung auf Grundlage der tatsächlichen Umstände an. Die spezifisch in Deutschland geregelte Meldepflicht sei im Übrigen auch mit EU-Recht sowie mit den Grundrechten der Laborbetreiber vereinbar, da der Schutz der Verbraucher vor nicht sicheren Lebensmitteln ein hohes Gewicht habe und der Eingriff in die Grundrechte der Laborbetreiber nur geringfügig ausfalle, da diese weder Geschäftsgeheimnisse offenbaren noch die breite Öffentlichkeit, sondern ausschließlich die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden über etwaige Analysebefunde zu unterrichten haben. Anmerkung Führt nach der oben genannten Entscheidung nun also jeder Nachweis eines pathogenen Mikroorganismus in einem Lebensmittel zu einer automatischen Meldepflicht der Laborverantwortlichen gem. § 44 Abs. 4a Satz 1 LFGB? Nein, dies ist nicht der Fall. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verdeutlicht viel mehr, dass es für das Entstehen der Meldepflicht maßgeblich auf das Ergebnis der vom Laborverantwortlichen vorzunehmenden Lebensmittelsicherheitsprüfung ankommt. Zu den für diese Prüfung relevanten tatsächlichen Umständen gehören insbesondere die in Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 genannten Informationen. Die für die Bewertung wesentlichen produkt-prozessimmanenten Informationen müssen durch den die Analyse beauftragenden Lebensmittelunternehmer mitgeteilt werden. Ist im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung (z.B. aufgrund des konkreten Herstellungsprozesses, der Kennzeichnung oder der Eigenart des Produktes etc.) im Ergebnis von einem sicheren Lebensmittel auszugehen, besteht keine Meldepflicht für den Laborverantwortlichen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verdeutlicht einmal mehr, dass es im ureigenen Interesse des die Analyse beauftragenden Lebensmittelunternehmers ist, alle für die Analyse und Beurteilung relevanten Tatsachen idealerweise bereits zum Zeitpunkt der Auftragserteilung mitzuteilen, um eine zutreffende Prüfung durch das Labor zu ermöglichen.

Urteil vom 14.12.2023 - BVerwG 3 C 7.22ECLI:DE:BVerwG:2023:141223U3C7.22.0 Meldepflicht der Laborverantwortlichen nach § 44 Abs. 4a LFGB

Quellen:

cibus Rechtsanwälte - www.cibus-recht.deAuf der Brück 4651645 Gummersbach E-Mail: info@cibus-recht.de Telefon: 02261 54650-0Fax: 02261 54650-10

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