Bekanntmachung zur Umsetzung von Managementsystemen für Lebensmittelsicherheit

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Am 16.09.2022 veröffentlichte die Europäische Kommission die Bekanntmachung 2022/C 355/01 zur Umsetzung von Managementsystemen für Lebensmittelsicherheit unter Berücksichtigung von guter Hygienepraxis und auf die HACCP-Grundsätze gestützten Verfahren einschließlich Vereinfachung und Flexibilisierung bei der Umsetzung in bestimmten Lebensmittelunternehmen, im Amtsblatt der Europäischen Union.

Mit dem Leitfaden soll die Umsetzung der EU-Vorschriften zur guten Hygienepraxis (Good Hygiene Practices – GHP) und der HACCP-gestützten Verfahren im Rahmen des Managementsystems für Lebensmittelsicherheit (Food Safety Management System – FSMS) durch praktische Hinweise zu folgenden Themen erleichtert und vereinheitlicht werden:

  • einschlägige Gesetzgebung, Zusammenhang zwischen GHP, PRPs, operativen PRPs (oPRPs) und HACCP-gestützten Verfahren innerhalb eines FSMS, Zusammenspiel mit internationalen Normen und Schulung und die Verwendung von Leitlinien für eine GHP;
  • Umsetzung der GHP, einschließlich der durch die EU-Gesetzgebung vorgesehenen Flexibilität bei der Umsetzung in bestimmten Lebensmittelbetrieben (Anhang I);
  • Umsetzung der HACCP-gestützten Verfahren, einschließlich der durch die EU-Gesetzgebung vorgesehenen Flexibilität bei der Umsetzung in bestimmten Lebensmittelbetrieben (Anhang II);
  • Audit des FSMS (Anhang III).

Eine besondere Bedeutung hat die Flexibilität bei der Anwendung der GHP und der HACCP-gestützten Verfahren, wobei die Art der Tätigkeit und die Größe des Betriebes berücksichtigt werden.

Die Bekanntmachung der Kommission ersetzt die Bekanntmachung von 2016.

Dieser Leitfaden ist im Unterschied zu den in Abschnitt 4 angeführten Rechtsvorschriften nicht rechtsverbindlich. In diesem Leitfaden werden Instrumente oder Beispiele für alle Lebensmittelunternehmer beschrieben, wie die EU-Vorschriften anzuwenden sind; er kann durch sektorspezifische oder nationale Leitfäden ergänzt werden, die in bestimmten Betrieben unmittelbar anzuwenden sind. Er richtet sich an die zuständigen Behörden, um ein gemeinsames Verständnis von den Rechtsvorschriften zu schaffen, und an Lebensmittelunternehmer, um sie nach Durchführung betriebsspezifischer Anpassungen bei der Umsetzung der EU-Vorschriften zu unterstützen, ungeachtet ihrer primären Verantwortung für Fragen der Lebensmittelsicherheit.

Begriffsbestimmungen

Akzeptables Maß: Ein einem Lebensmittel zugeordnetes Gefahrenniveau, auf dem und unterhalb dessen das Lebensmittel entsprechend seiner vorgesehenen Verwendung als sicher gilt.

Kontrollmaßnahmen: Handlungen oder Maßnahmen, die unternommen werden können, um eine Gefahr zu vermeiden, auszuschalten oder auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.

Korrekturmaßnahmen: Handlungen, die unternommen werden, wenn Abweichungen auftreten, um die Kontrolle wiederzuerlangen, das gegebenenfalls betroffene Erzeugnis zu trennen und die Produktdisposition zu bestimmen sowie das erneute Auftreten der Abweichung zu vermeiden oder dessen Wahrscheinlichkeit zu minimieren.

Kritischer Kontrollpunkt/Kritische Kontrollpunkte (CCP): Eine Stufe, auf der die Kontrolle durchgeführt werden kann und von entscheidender Bedeutung ist, um eine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit zu vermeiden oder auszuschalten oder sie auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Die typischsten CCPs zur Beherrschung mikrobiologischer Gefahren sind Anforderungen an die Temperatur, z. B. Bedingungen bezüglich Dauer/Temperatur, die erforderlich sind, um eine Gefahr zu reduzieren oder auszuschalten (z. B. Pasteurisierung). Weitere CCP können die Prüfung auf Mikrobeschädigungen in Dosenkonserven, Untersuchung auf physikalische Gefahren durch Sieben oder die Detektion von Metallen oder die Kontrolle der Bratdauer/Temperatur des Bratöls dahin gehend, dass chemische Verarbeitungskontaminanten ausgeschlossen werden können.

Kritischer Grenzwert: Ein beobachtbares oder messbares Kriterium im Zusammenhang mit einer Kontrollmaßnahme an einem CCP, anhand dessen zwischen akzeptablen und nicht akzeptablen Werten des Lebensmittels unterschieden wird. In den oben genannten Beispielen für CCPs beziehen sie sich jeweils auf die Mindesttemperatur (Reduzieren/ Ausschalten von Gefahren) und das (wahrscheinliche) Vorhandensein von Kontaminationen.

Managementsystem für Lebensmittelsicherheit (FSMS): Präventivprogramme, gegebenenfalls ergänzt um Kontrollmaßnahmen an CCPs, die in ihrer Gesamtheit sicherstellen, dass das Lebensmittel sicher und für seine vorgesehene Verwendung geeignet ist.8 Das FSMS umfasst auch die Kombination von Kontroll- und Sicherungs­maßnahmen. Mit Letzteren soll nachgewiesen werden, dass die Kontrollmaßnahmen — wie Validierung und Verifizierung, Dokumentation und Aufzeichnung — ordnungsgemäß funktionieren.

Gute Hygienepraxis (GHP): Grundlegende Maßnahmen und Bedingungen, die auf allen Stufen der Lebensmittelkette angewendet werden, um sichere und geeignete Lebensmittel gewährleisten zu können. GHP umfassen auch die gute Herstellungspraxis (GMP — Good Manufacturing Practice, die auf die richtigen Arbeitsmethoden abstellt, z. B. richtige Dosierung der Zutaten, angemessene Verarbeitungstemperatur, Prüfung der Sauberkeit und Unversehrtheit der Verpackungen), die gute landwirtschaftliche Praxis (GAP — Good Agricultural Practices, z. B. Verwendung von Wasser angemessener Qualität, Rein-Raus-System in der Tierhaltung), die gute tierärztliche Praxis (GVP — Good Veterinary Practice), die guten Produktionsverfahren (GPP — Good Production Practice), die gute Vertriebspraxis (GDP — Good Distribution Practice) und die gute Handelspraxis (GTP — Good Trading Practice).

GHP-Plan: Dokumentation und Aufzeichnungen, in denen die angewandte GHP beschrieben und begründet wird, ferner Aufzeichnungen des Monitorings und der Verifizierung sowie gegebenenfalls der ergriffenen Korrektur­maßnahmen, die in allen Formaten verfügbar sind. Der GHP-Plan kann in den HACCP-Plan integriert werden.

Gefahr: Ein biologisches (z. B. Salmonellen), chemisches (z. B. Dioxine oder Allergene) oder physikalisches (z. B. harte, kantige Fremdkörper wie Glasscherben oder Metallteile) Agens in einem Lebensmittel, der eine Gesundheitsbeein­trächtigung verursachen kann.

Gefahrenanalyse: Erfassen und Bewerten von Informationen über Gefahren, die im Rohmaterial und sonstigen Zutaten, in der Umgebung, im Prozess oder im Lebensmittel festgestellt wurden, sowie Bedingungen, die zum Entstehen von Gefahren führen, um zu entscheiden, ob sie signifikant sind.

HACCP-gestützte Verfahren (oder „HACCP“): Auf den Grundsätzen der Gefahrenanalyse und der Überwachung kritischer Kontrollpunkte gestützte Verfahren, d. h. ein System der Eigenkontrollen, mit dem Gefahren, die signifikant für die Lebensmittelsicherheit sind, im Einklang mit den HACCP-Grundsätzen bestimmt, bewertet und beherrscht werden.

HACCP-Plan: Dokumentation oder Dokumentensatz, die/der nach den HACCP-Grundsätzen erstellt wurde, um die Beherrschung signifikanter Gefahren in dem Lebensmittelunternehmen sicherzustellen, die/der in allen Formaten verfügbar ist. Der ursprüngliche HACCP-Plan ist zu aktualisieren, wenn der Produktionsablauf geändert wird, und muss um die Aufzeichnung der Ergebnisse des Monitorings und der Verifizierung sowie die ergriffenen Korrektur­maßnahmen ergänzt werden.

Monitoring: Das Durchführen einer planmäßigen Abfolge von Beobachtungen oder Messungen von Kontrollpa­rametern, um zu bewerten, ob eine Kontrollmaßnahme unter Kontrolle ist.

Operative(s) Präventivprogramm(e) (oPRP(s)): Kontrollmaßnahme oder Kombination von Kontrollmaßnahmen, die ergriffen werden, um eine signifikante Gefahr für die Lebensmittelsicherheit zu vermeiden oder auf ein akzeptables Maß zu reduzieren, wobei Eingriffskriterien und Messung oder Beobachtung eine wirksame Kontrolle des Prozesses und/oder Produkts ermöglichen. Sie sind typischerweise an den Produktionsprozess geknüpft und wurden bei der Gefahrenanalyse als unerlässlich bestimmt, um die Wahrscheinlichkeit des Auftretens, Überlebens und/oder der Verbreitung von Gefahren für die Lebensmittelsicherheit in den Erzeugnissen oder in der Verarbeitungsumgebung unter Kontrolle zu halten.

Präventivprogramm(e) (PRP(s)): Präventionsverfahren und Bedingungen, einschließlich der GHP sowie anderer Praktiken und Verfahren wie Schulungen und Verfolgbarkeit, die die grundlegenden Umwelt- und Betriebsbedingungen schaffen, auf deren Grundlage HACCP-gestützte Verfahren umgesetzt werden können, bilden. Siehe hierzu auch Abschnitt 5.

Risiko: Eine Funktion der Wahrscheinlichkeit einer die Gesundheit beeinträchtigenden Wirkung und der Schwere dieser Wirkung als Folge der Realisierung einer Gefahr.

Signifikante Gefahr: Eine Gefahr, die bei einer Gefahrenanalyse nach vernünftigem Ermessen, sofern sie nicht beherrscht wird, als wahrscheinlich auftretend und ein inakzeptables Maß annehmend bestimmt wurde, und die angesichts der vorgesehenen Verwendung des Lebensmittels eine Kontrolle unbedingt erfordert.

Validierung: Erbringung des Nachweises darüber, dass die Gefahr mit der betreffenden Kontrollmaßnahme oder einer Kombination von Kontrollmaßnahmen, soweit sie ordnungsgemäß im Rahmen HACCP-gestützter Verfahren und durch das oPRP durchgeführt wird/werden, mit einem bestimmten Ergebnis beherrscht werden kann. Im Fall von Änderungen kann eine erneute Validierung erforderlich sein. Ausführliche Beispiele können dem Dokument CAC/GL 69-2008 entnommen werden.

Verifizierung: Die Anwendung von Methoden, Verfahren, Tests und sonstigen Bewertungen, die ergänzend zum Monitoring erfolgen, um festzustellen, ob eine Kontrollmaßnahme bestimmungsgemäß durchgeführt wird oder durchgeführt wurde. Eine Verifizierung wird periodisch durchgeführt und dient dem Nachweis darüber, dass das HACCP-System und das Management des oPRP ordnungsgemäß funktionieren.

Dokument herunterladen: Bekanntmachung 2022/C 355/01 zur Umsetzung von Managementsystemen für Lebensmittelsicherheit unter Berücksichtigung von guter Hygienepraxis und auf die HACCP-Grundsätze gestützten Verfahren einschließlich Vereinfachung und Flexibilisierung bei der Umsetzung in bestimmten Lebensmittelunternehmen

Quelle: https://eur-lex.europa.eu/

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