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Leipzig (at) Mit der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, dass es sich bei Furculafleisch um Separatorenfleisch handelt und sich daraus ergebende Informationsverpflichtungen zu erfüllen sind, endet nicht nur ein langjähriger Rechtsstreit, auch der Verbraucherschutz wird deutlich gestärkt. (BVerwG, Urteil vom 15.02.2024 – 3 C 14.22)
In diesem Rechtsstreit ging es nicht um die Verpflichtung zur Kennzeichnung von Fleischerzeugnissen, die Separatorenfleisch enthalten und an Endverbraucher abgegeben werden, sondern um solches zur Weiterverarbeitung durch andere Lebensmittelunternehmen.
Seit neun Jahren stritten die Beteiligten um die Verpflichtung, sogenanntes Furculafleisch (Gabelbeinfleisch) als Separatorenfleisch zu kennzeichnen. Die zuständige Behörde vertrat die Auffassung, dass es sich bei Furculafleisch um Separatorenfleisch handelt, und es als solches (auf der Verpackung) gekennzeichnet werden muss, wenn es an einen Lebensmittelunternehmer geliefert wird, der das Produkt weiterverarbeitet.
Bei der Klägerin handelt es sich um einen Geflügelschlacht- und Zerlegebetrieb. In diesem gewinnt diese auf maschinelle Weise Furculafleisch. Hierzu wird das Gabelbein, ein Knochen des Huhns oberhalb des Brustbeins, zunächst mit anhaftender Muskulatur, aus dem Geflügelkörper herausgeschnitten und dann durch eine Passier- bzw. Entsehnungsmaschine (Baader-Maschine) gepresst. Die Klägerin liefert das so gewonnene Furculafleisch an Lebensmittelunternehmen, die es zur Weiterverarbeitung in Geflügelfleischerzeugnissen verwenden. Dabei bezeichnet sie das Produkt als „Hähnchen-Verarbeitungsfleisch“.
Der Fall wurde vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht (OVG) verhandelt. Das OVG hat schließlich die Revision seines Urteils zugelassen. Das BVerwG hat die Revision letztinstanzlich zurückgewiesen und somit die Rechtsauffassung des OVG bestätigt, dass es sich bei Furculafleisch um Separatorenfleisch im Sinne der Definition von Nummer 1.14 des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 handelt, und dass nach Art. 8 Abs. 8 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 das liefernde Lebensmittelunternehmen dem belieferten Verarbeitungsbetrieb ausreichende Informationen zur Einordnung des Furculafleisches als Separatorenfleisch zur Verfügung stellen muss, um eine korrekte Informationsweitergabe im Rahmen seiner Verantwortlichkeit für die Informationen an den Endverbraucher gewährleisten zu können.
Eine formelle Kennzeichnungspflicht ergibt sich für diese Lebensmittelunternehmer jedoch nicht. Somit muss sich die Information nicht unmittelbar aus der Etikettierung des Lebensmittels ergeben, sondern es genügt, wenn sie anderweitig zur Verfügung gestellt wird (z. B. in den Warenbegleitpapieren).
Das Urteil des BVerwG vom 15.02.2024 ist rechtskräftig.
Schleswig (at) Die Antragstellerin, die einen gewerblichen Handel mit Trockenfrüchten und Nusskernen betreibt, wandte sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Rückrufs ihres Produkts „Fertigware Cashewkerne 200g der Marke ja!“. In einer Charge hatten zwei Verbraucher Glasscherben gefunden. Den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, lehnte das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgerichts jedoch wegen der tatsächlich bestehenden Gesundheitsgefährdung ab. (Az.: 3 MB 16/24)
Die Antragstellerin legte gegen den Bescheid der Lebensmittelüberwachungsbehörde von Juni 2024 Widerspruch ein und ersuchte um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht (VG). Dieses hat mit Beschluss vom 04.07.2024 den gestellten Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, abgelehnt. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass sich der verfügte Produktrückruf vom 11.06.2024 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 18.06.2024 (gewährte Fristverlängerung, um die betroffene Charge vom Markt zu nehmen) nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig darstelle. Das betreffende Produkt verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 und 2 lit. a VO (EG) Nr. 178/2002, weil es gesundheitsschädlich sei und nicht in den Verkehr hätte gebracht werden dürfen. In zwei Tüten seien jeweils unabhängig voneinander von zwei Verbrauchern Glasscherben gefunden worden. Glasscherben könnten, wenn sie in den Mundraum eines Menschen gelangen, gesundheitsschädlich sein. Sie könnten zu Verletzungen im Mundraum, in der Speiseröhre oder im Verdauungstrakt führen. Dies werde hier dadurch verstärkt, dass der Verbraucher beim Verzehr von Nüssen ohnehin von einem gewissen Widerstand beim Kauen ausgehe. Selbst, wenn man aufgrund der Größe der hier vorgefundenen Glasscherbe ein Verschlucken für unwahrscheinlich erachte, sei nicht ausgeschlossen, dass sich in weiteren Tüten des streitgegenständlichen Produkts möglicherweise weitere, auch kleinere, Glasscherben befinden.
Die Richter argumentierten weiter, dass eine Gesundheitsgefahr auch nicht deswegen verneint werden könne, weil die Glasscherben in geöffneten Tüten gefunden worden seien und die eine Glasscherbe aufgrund des Verlustes auf dem Postweg nicht mehr weiter analysiert werden konnte. Beanstandungen von Verbrauchern sei es eigen, dass sie Auffälligkeiten an Lebensmitteln erst bemerken und melden können, nachdem sie das betroffene Lebensmittel (teilweise) konsumiert oder die Verpackung des Lebensmittels geöffnet hätten. Hinzu komme, dass keine Umstände ersichtlich seien, dass die Verbraucher, die den Fund unabhängig voneinander gemeldet hätten, den Glasfund vorgetäuscht hätten. Dass die eine Glasscherbe auf dem Postweg abhandengekommen sei und nicht weiter analysiert werden konnte, führe nicht zum Entkräften der Annahme, dass eine Gesundheitsschädlichkeit vorliege.
Gegen diesen Beschluss legte das betroffene Lebensmittelunternehmen Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) ein. Dieses beurteilte die Beschwerde zwar als zulässig, in der Sache aber erfolglos. Nach Ansicht des OLG sei das VG im Rahmen seiner Interessenabwägung zu Recht davon ausgegangen, dass das Vollziehungsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt, weil sich die Anordnung als offensichtlich rechtmäßig erwies und keine weitergehende Interessenabwägung geboten war. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem betreffenden Produkt um ein Lebensmittel handelt, das nach Art. 14 Abs. 2 lit. a VO (EG) Nr. 178/2002 nicht sicher ist und daher nicht in den Verkehr gebracht werden darf. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin führen auch ihre dargelegten Prüfmechanismen nicht zu einer anderen Einschätzung, ebenso wenig wie der Umstand, dass die Behörde des Landkreises Harburg sich angesichts der durchgeführten Kontrollen nicht veranlasst gesehen hat, weitere Maßnahmen zu veranlassen. Nach der Auffassung des Senats können die Prüfungen nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sicherstellen, dass Glasscherben, welche eine ähnliche Größe und ein ähnliches Gewicht wie die Cashewkerne haben, aussortiert werden. Dabei muss schließlich auch berücksichtigt werden, dass es sich bei Cashewkernen um ein Naturprodukt handelt, welches daher von Natur aus schon eine gewisse Schwankungsbreite aufweist. Dies wird in den Prüfverfahren Berücksichtigung gefunden haben. Insbesondere konnte selbst die Antragstellerin – sofern man, wie der Senat, falsche Beschuldigungen ausschließt – nicht erklären, wann und wie es dazu gekommen ist, dass sich Glasscherben in einer ihrer Chargen befinden. Auch die Tatsache, dass sich die Glasscherben zwar in derselben Charge, welche jedoch an unterschiedlichen Tagen produziert wurde, befunden haben, ändert an dieser Einschätzung nichts. Es lässt sich nicht klären, wie die Glasscherben in die Tüten gekommen sind. Fest steht nach Auffassung des Senats nur, dass in der Charge in zwei Tüten Glasscherben gefunden worden sind.
Die von der Antragstellerin vorgetragene Vermutung, dass die Glasfunde nur vorgetäuscht seien, beurteilte das OVG als unsubstantiiert. Zudem wird ein Fremdkörper in einem Lebensmittel regelmäßig nur durch den Endverbraucher bemerkt und gemeldet. Auf diese Angaben muss und darf sich die zuständige Behörde grundsätzlich stützen, solange keine offensichtlichen Widersprüche erkennbar sind oder sonst Anhaltspunkte vorliegen, dass der Endverbraucher falsche Angaben gemacht hat (siehe OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.02.2022 -14 ME 54/22 -, juris Rn. 26). Solche Anhaltspunkte sind hier nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass Verbraucher sich an die zuständigen Stellen wenden und nicht an den Markt, bei dem sie die Waren erworben haben, begründet keine derartigen Anhaltspunkte oder einen Manipulationsverdacht. Auch die unterstellte Schädigungsabsicht durch Konkurrenten stellt lediglich eine unsubstantiierte Mutmaßung dar. Konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen nicht. Auch das Argument der Antragstellerin, dass sämtliche im Umlauf befindlichen Tüten des Produkts bereits verbraucht worden sind, ließ das OVG nicht gelten, denn gerade das Mindesthaltbarkeitsdatum bis Februar 2025 ermöglicht es, das streitgegenständliche Produkt auf Vorrat zu kaufen. Der Vortrag und die durchgeführte Kontrolle der Antragstellerin führen auch nicht zur Widerlegung der Chargenvermutung nach Art. 14 Abs. 6 VO (EG) 178/2002. Die Beweislast dafür, dass der Rest der Charge sicher ist, trifft stets den Lebensmittelunternehmer als denjenigen, der sich darauf berufen will (siehe Meisterernst, in: Streinz/Meisterernst, BasisVO/LFGB, 1. Aufl. 2021, BasisVO, Art. 14 Rn. 82). Es wurden lediglich die Rückstellprobe und weitere zehn Beutel der gesperrten Tüten kontrolliert. Eine repräsentative Überprüfung der Charge ergibt sich daraus nicht, da sich eine Gesamtmenge von 167.200 Beuteln im Umlauf befindet. Auch konnte die Herkunft der Glasscherben nicht abschließend geklärt werden, sodass nicht klar war, ob auch noch weitere Glasscherben bei der Produktion in die Tüten gelangt sind.
Das OVG führte weiter aus, dass das der Antragsgegnerin eingeräumte Ermessen auch rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist. Insbesondere stellt ein stiller Rückruf keine mildere Maßnahme dar. Wie bereits dargelegt, ist gerade nicht davon auszugehen, dass sämtliche verkaufte Ware bereits verzehrt worden ist, sodass eine Gefahr für eine Gesundheitsschädigung weiterhin besteht. Ebenso führen die erheblichen Kosten, welche der Antragstellerin durch den Rückruf entstehen, zu keinem anderen Ergebnis. Die erheblichen Gesundheitsgefahren, die durch den Verzehr von Glas drohen, wiegen höher als das monetäre Interesse der Antragstellerin. Diese Gefährdung von Rechtsgütern von überragendem Wert rechtfertigt den Produktrückruf auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten (siehe auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.02.2022 -14 ME 54/22 -, juris Rn. 38).
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Lüneburg (at) Kindersicher im Sinne von § 14 Abs. 3 Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG) meint bei elektronischen Einweg-Zigaretten keinen Schutz vor dem Inhalieren, sondern vor dem Verschlucken der nikotinhaltigen Flüssigkeit und dem Hautkontakt. Entsprechende Produkte müssen also über keine Schutzvorrichtungen verfügen, um Kinder vor dem Inhalieren zu schützen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschieden. (Beschluss vom 21.08.2023 – 14 ME 61/23 -)
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2023 wurde einem in Niedersachsen ansässigen Händler von elektronischen Einweg-Zigaretten mit sofortiger Wirkung untersagt, diese in den Verkehr zu bringen. Begründet wurde dies damit, dass die Produkte nicht kindersicher im Sinne von § 14 Abs. 3 TabakerzG seien, da sie über keine Schutzvorrichtungen verfügten, um das Inhalieren durch Kinder zu verhindern.
Daraufhin beantragte der Händler Eilrechtsschutz, den das Verwaltungsgericht Göttingen ablehnte. Es hielt die elektronischen Einweg-Zigaretten ebenfalls für nicht kindersicher. Der Begriff „kindersicher“ beziehe sich nach seiner Auffassung nicht nur auf Risiken durch Hautkontakt oder Verschlucken der nikotinhaltigen Flüssigkeit, sondern auch auf die Verwendung durch Inhalieren. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde des Händlers.
Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg bejaht jedoch die Kindersicherheit der E-Zigaretten und entschied zugunsten des Händlers. Die Annahme, eine E-Zigarette sei nur kindersicher im Sinne von § 14 TabakerzG, wenn durch die bauliche Beschaffenheit in Form von kindergesicherten Verschlüssen und Öffnungsmechanismen sichergestellt sei, dass das in den E-Zigaretten enthaltene giftige Nikotin und andere Schadstoffe von Kindern nicht inhaliert werden könnten, sei unzutreffend. Laut OVG sei zu beachten, dass nicht jeder denkbaren Gefahr für Kinder im Zusammenhang mit der Existenz von Einweg-E-Zigaretten durch den Einsatz bestimmter Schutzvorrichtungen begegnet werden könne. So sei etwa auch der Konsum normaler Zigaretten gesundheitsschädlich. Gleichwohl werden kindergesicherte Verschlüsse für Zigarettenschachteln zur Verhinderung des Konsums durch Kinder nicht ernsthaft diskutiert.
Der Begriff „kindersicher“ beziehe sich nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nur auf Risiken durch Hautkontakt oder Verschlucken der nikotinhaltigen Flüssigkeit.
Der Beschluss vom 21.08.2023 ist unanfechtbar.
(at) Die Nichtraucher-Initiative Pro Rauchfrei war mit ihrer Klage vor dem BGH erfolgreich. Dieser entschied nach zweimaliger Anrufung des EuGH, dass Zigarettenautomaten auch an der Supermarktkasse die gesetzlich vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise zeigen müssen. (Urteil vom 26. Oktober 2023 – I ZR 176/19 – Zigarettenausgabeautomat III)
Der Beklagte betreibt in München zwei Supermärkte. Gegen ihn klagte ein eingetragener Verbraucherverein. An den Kassen des Beklagten werden Zigarettenpackungen in Warenausgabeautomaten zum Kauf bereitgehalten. Die Zigarettenpackungen sind mit den vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweisen versehen. Kunden, die eine Zigarettenpackung erwerben wollen, müssen durch Drücken einer am Warenausgabeautomaten befindlichen Taste die Zigarettenmarke auswählen. Die für den Kunden zuvor nicht sichtbare Zigarettenpackung wird dann von einer Ausgabevorrichtung auf das Kassenband befördert und von dem Kunden an der Kasse bezahlt, falls er sich nicht anders entscheidet und von einem Kauf der Zigaretten absieht. Die Auswahltasten des Zigarettenautomaten sind mit Abbildungen versehen, die zwar keine naturgetreuen Zigarettenpackungen zeigen, aber hinsichtlich Markenlogo, Proportion, Farbgebung und Dimensionierung wie Zigarettenpackungen gestaltet sind. Diese Abbildungen zeigen keine gesundheitsbezogenen Warnhinweise.
Der Kläger hat den Beklagten wegen Verstoßes gegen die Tabakerzeugnisverordnung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 25. Juni 2020 (GRUR 2020, 1002) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vier Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2014/40/EU (Tabakerzeugnisrichtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Fragen mit Beschluss vom 09.12.2021 (C-370/20, GRUR 2022, 93) nur teilweise beantwortet. Da es für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch auf die Antworten zu den übrigen Fragen ankam, hat der Bundesgerichtshof das Verfahren mit Beschluss vom 24.02.2022 (GRUR 2022, 993) erneut dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. Dieser hat die weiteren Fragen mit Urteil vom 09.03.2023 (C-356/22, GRUR 2023, 501) beantwortet.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der Bundesgerichtshof hat die Abweisung des vorrangig verfolgten Hauptantrags bestätigt, mit dem der Kläger der Beklagten verbieten lassen wollte, Zigaretten in Ausgabeautomaten zum Verkauf anzubieten, wenn dadurch die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Packungen verdeckt werden. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TabakerzV bestimmt, dass gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Zigarettenpackungen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht verdeckt werden dürfen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU ins deutsche Recht um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Aus der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass Zigaretten zwar schon mit ihrem Anbieten über Ausgabeautomaten und nicht erst mit dem Abschluss eines Kaufvertrags in den Verkehr gebracht werden. Allerdings sind gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Zigarettenpackungen nicht im Sinne dieser Vorschriften verdeckt, wenn die Zigarettenpackungen in Ausgabeautomaten vorrätig gehalten werden und deshalb von außen überhaupt nicht sichtbar sind. Kann der Verbraucher – wie im Streitfall – die im Automaten eingeschlossene Packung von außen überhaupt nicht sehen, wird er keinen Kaufimpuls verspüren, dem durch die gesundheitsbezogenen Warnhinweise entgegengewirkt werden soll.
Die Revision des Klägers hat allerdings Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hilfsantrags wendet, der auf das Verbot der Verwendung von Abbildungen von Zigarettenverpackungen ohne gesundheitsbezogene Warnhinweise auf den Auswahltasten des Automaten gerichtet ist. Insoweit hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und den Beklagten zur Unterlassung verurteilt. Gemäß § 11 Abs. 2 TabakerzV müssen Abbildungen von Packungen, die für an Verbraucher gerichtete Werbemaßnahmen in der Europäischen Union bestimmt sind, den Anforderungen der Tabakerzeugnisverordnung zur Verpackung und zu Warnhinweisen genügen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU ins deutsche Recht um und ist deshalb gleichfalls richtlinienkonform auszulegen. Nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt eine Abbildung im Sinne dieser Vorschriften nicht nur bei einer naturgetreuen Abbildung einer Zigarettenpackung vor, sondern bereits dann, wenn die Abbildung – wie im Streitfall – an eine Zigarettenpackung erinnert. Von einer solchen Abbildung geht ein vergleichbarer Kaufimpuls aus. Sie muss daher ebenfalls einen gesundheitsbezogenen Warnhinweis aufweisen.
(at) Die Nichtraucher-Initiative Pro Rauchfrei war mit ihrer Klage vor dem BGH erfolgreich. Dieser entschied nach zweimaliger Anrufung des EuGH, dass Zigarettenautomaten auch an der Supermarktkasse die gesetzlich vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise zeigen müssen. (Urteil vom 26. Oktober 2023 – I ZR 176/19 – Zigarettenausgabeautomat III)
Der Beklagte betreibt in München zwei Supermärkte. Gegen ihn klagte ein eingetragener Verbraucherverein. An den Kassen des Beklagten werden Zigarettenpackungen in Warenausgabeautomaten zum Kauf bereitgehalten. Die Zigarettenpackungen sind mit den vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweisen versehen. Kunden, die eine Zigarettenpackung erwerben wollen, müssen durch Drücken einer am Warenausgabeautomaten befindlichen Taste die Zigarettenmarke auswählen. Die für den Kunden zuvor nicht sichtbare Zigarettenpackung wird dann von einer Ausgabevorrichtung auf das Kassenband befördert und von dem Kunden an der Kasse bezahlt, falls er sich nicht anders entscheidet und von einem Kauf der Zigaretten absieht. Die Auswahltasten des Zigarettenautomaten sind mit Abbildungen versehen, die zwar keine naturgetreuen Zigarettenpackungen zeigen, aber hinsichtlich Markenlogo, Proportion, Farbgebung und Dimensionierung wie Zigarettenpackungen gestaltet sind. Diese Abbildungen zeigen keine gesundheitsbezogenen Warnhinweise.
Der Kläger hat den Beklagten wegen Verstoßes gegen die Tabakerzeugnisverordnung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 25. Juni 2020 (GRUR 2020, 1002) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vier Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2014/40/EU (Tabakerzeugnisrichtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Fragen mit Beschluss vom 09.12.2021 (C-370/20, GRUR 2022, 93) nur teilweise beantwortet. Da es für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch auf die Antworten zu den übrigen Fragen ankam, hat der Bundesgerichtshof das Verfahren mit Beschluss vom 24.02.2022 (GRUR 2022, 993) erneut dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. Dieser hat die weiteren Fragen mit Urteil vom 09.03.2023 (C-356/22, GRUR 2023, 501) beantwortet.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der Bundesgerichtshof hat die Abweisung des vorrangig verfolgten Hauptantrags bestätigt, mit dem der Kläger der Beklagten verbieten lassen wollte, Zigaretten in Ausgabeautomaten zum Verkauf anzubieten, wenn dadurch die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Packungen verdeckt werden. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TabakerzV bestimmt, dass gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Zigarettenpackungen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht verdeckt werden dürfen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU ins deutsche Recht um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Aus der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass Zigaretten zwar schon mit ihrem Anbieten über Ausgabeautomaten und nicht erst mit dem Abschluss eines Kaufvertrags in den Verkehr gebracht werden. Allerdings sind gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Zigarettenpackungen nicht im Sinne dieser Vorschriften verdeckt, wenn die Zigarettenpackungen in Ausgabeautomaten vorrätig gehalten werden und deshalb von außen überhaupt nicht sichtbar sind. Kann der Verbraucher – wie im Streitfall – die im Automaten eingeschlossene Packung von außen überhaupt nicht sehen, wird er keinen Kaufimpuls verspüren, dem durch die gesundheitsbezogenen Warnhinweise entgegengewirkt werden soll.
Die Revision des Klägers hat allerdings Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hilfsantrags wendet, der auf das Verbot der Verwendung von Abbildungen von Zigarettenverpackungen ohne gesundheitsbezogene Warnhinweise auf den Auswahltasten des Automaten gerichtet ist. Insoweit hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und den Beklagten zur Unterlassung verurteilt. Gemäß § 11 Abs. 2 TabakerzV müssen Abbildungen von Packungen, die für an Verbraucher gerichtete Werbemaßnahmen in der Europäischen Union bestimmt sind, den Anforderungen der Tabakerzeugnisverordnung zur Verpackung und zu Warnhinweisen genügen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU ins deutsche Recht um und ist deshalb gleichfalls richtlinienkonform auszulegen. Nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt eine Abbildung im Sinne dieser Vorschriften nicht nur bei einer naturgetreuen Abbildung einer Zigarettenpackung vor, sondern bereits dann, wenn die Abbildung – wie im Streitfall – an eine Zigarettenpackung erinnert. Von einer solchen Abbildung geht ein vergleichbarer Kaufimpuls aus. Sie muss daher ebenfalls einen gesundheitsbezogenen Warnhinweis aufweisen.
(at) Mit dem Urteil vom 14.12.2023 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass Laborverantwortliche die zuständigen Behörden auch dann gemäß § 44 Abs. 4a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) über die Feststellung eines voraussichtlich nicht sicheren Lebensmittels informieren müssen, wenn die betreffende Analyse im Rahmen einer sogenannten Freigabeuntersuchung für ein Lebensmittelunternehmen durchgeführt wurde. (BVerwG, Urt. v. 14.12.2023, Az. 3 C 7.22.)
Der Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass ein Lebensmittelunternehmen ein Handelslabor mit der mikrobiologischen Untersuchung von Mandelkernen beauftragt hat, die bereits in verkaufsfertige Packungen abgefüllt waren. Mit dem Vorliegen eines zufriedenstellenden Ergebnisses der mikrobiologischen Freigabeuntersuchung sollten die abgepackten Mandeln in unveränderter Form in den Verkehr gebracht werden. Das beauftragte Labor stellte jedoch eine Salmonellenkontamination der Mandelkerne fest. Da der Lebensmittelunternehmer gegenüber dem Labor verneinte, das Erzeugnis als Lebensmittel in Deutschland bereits in den Verkehr gebracht zu haben, verzichtete das Labor daraufhin auf eine Meldung gemäß § 44 Abs. 4a LFGB gegenüber der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde.
Der Behörde wiederum fiel im Rahmen einer Betriebskontrolle zu einem späteren Zeitpunkt der betreffende Prüfbericht auf. Sie verhängte im Nachgang einen Bußgeldbescheid gegen das Handelslabor, worauf dieses vor dem Verwaltungsgericht klagte, um feststellen zu lassen, dass das streitgegenständliche Untersuchungsergebnis keine Meldepflicht im Sinne des § 44 Abs. 4a LFGB ausgelöst habe. In letzter Instanz bestätigte nun das BVerwG im Ergebnis die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster, welches eine Meldepflicht bejaht hatte. So seien aus Sicht des Gerichts weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus weiteren Gesetzgebungsmaterialien Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass im Fall von Freigabeuntersuchungen keine Meldepflicht gegenüber der Behörde bestände. Im Sinne von § 44 Abs. 4a Satz 1 LFGB habe ein Laborverantwortlicher Grund zu der Annahme, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliege, wenn sich aus dem Ergebnis der von dem Labor durchgeführten Analyse und gegebenenfalls weiteren Umständen ergäbe, dass es voraussichtlich nicht den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit entspreche. Maßgebend seien dabei die tatsächlichen Umstände und deren zutreffende rechtliche Bewertung. Es komme hingegen nicht auf die subjektive Vorstellung des Laborverantwortlichen oder die Vertretbarkeit seiner rechtlichen Bewertung auf Grundlage der tatsächlichen Umstände an. Die nationale Meldepflicht sei im Übrigen auch mit EU-Recht sowie mit den Grundrechten der Laborbetreiber vereinbar, da der Verbraucherschutz vor nicht sicheren Lebensmitteln
ein hohes Gewicht habe. Demgegenüber falle der Eingriff in die Grundrechte der Laborbetreiber gering aus, da weder die breite Öffentlichkeit noch über Geschäftsgeheimnisse informiert, sondern lediglich Analysebefunde an die
zuständige Behörde übermittelt würden.
Luxemburg (at) Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied mit Urteil vom 20.06.2024, dass Biozidprodukte wie Desinfektionsmittel nicht als „hautfreundlich” beworben werden dürfen. Dies sei irreführend, entschied der EuGH (C-296/23).
Die Drogeriemarktkette DM-drogerie markt GmbH & Co. KG bot das Desinfektionsmittel „BioLYTHE“ zum Verkauf an. Das auf diesem Produkt angebrachte Etikett enthielt folgende Angaben: „Ökologisches Universal Breitband Desinfektionsmittel“, „Haut-, Hände- und Oberflächendesinfektion“, „Wirksam gegen SARS-Corona“ sowie „Hautfreundlich • Bio • ohne Alkohol“. Die deutsche Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hält dies für unlautere Werbung. Sie ist der Ansicht, DM habe gegen die Verordnung über Biozidprodukte verstoßen. Nach der Verordnung dürfen Biozidprodukte nicht in einer Art und Weise beworben werden, die hinsichtlich der Risiken dieser Produkte für die Gesundheit oder die Umwelt bzw. ihrer Wirksamkeit irreführend ist. Die Werbung für ein Biozidprodukt namentlich mit den Angaben „Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotenzial“, „ungiftig“, „unschädlich“, „natürlich“, „umweltfreundlich“, „tierfreundlich“ oder mit ähnlichen Hinweisen ist demnach verboten.
Die deutsche Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat daher Klage vor deutschen Gerichten erhoben, um DM zu verpflichten, es zu unterlassen, das fragliche Produkt als „ökologisches Universal Breitband Desinfektionsmittel“ und/oder als „hautfreundlich“ und/oder „bio“ zu bezeichnen oder zu vertreiben. Unter diesen Umständen hat der BGH, der speziell im Zusammenhang mit der Verwendung der Bezeichnung „hautfreundlich“ angerufen wurde, dem EuGH eine Frage vorgelegt. Er möchte wissen, ob der Begriff „ähnliche Hinweise“ jeden Hinweis umfasst, der – wie die eben erwähnten, in der Verordnung ausdrücklich genannten Angaben – die Risiken eines Biozidprodukts für die Gesundheit oder für die Umwelt oder hinsichtlich seiner Wirksamkeit verharmlost, ohne jedoch allgemeinen Charakter zu haben.
Der Gerichtshof stellte fest, dass die Verordnung keinen Hinweis darauf enthält, dass das Verbot der Verwendung in der Werbung für Biozidprodukte nur auf allgemeine Angaben beschränkt wäre. So kann sowohl ein allgemeiner als auch ein spezifischer Hinweis, der die Risiken von Biozidprodukten verharmlost, in Bezug auf das Vorliegen dieser Risiken irreführend sein. Folglich umfasst der Begriff „ähnliche Hinweise“ jeden Hinweis in der Werbung für Biozidprodukte, der diese in einer Art und Weise darstellt, die irreführend ist, indem er diese Risiken verharmlost oder sogar negiert, ohne jedoch zwingend allgemeinen Charakter zu haben. In Bezug auf die Angabe „hautfreundlich“ stellt der Gerichtshof fest, dass eine solche Angabe auf den ersten Blick eine positive Konnotation hat, die die Erwähnung jeglicher Risiken vermeidet, sodass sie nicht nur geeignet ist, die schädlichen Nebenwirkungen des fraglichen Produkts zu relativieren, sondern auch anzudeuten, dass dieses Produkt für die Haut sogar von Nutzen sein könnte. Eine solche Angabe ist irreführend, sodass das Verbot ihrer Verwendung in der Werbung für das fragliche Biozidprodukt gerechtfertigt ist.
Die Entscheidung des EuGH ist rechtskräftig.
Münster (at) Auch nicht essbare Wursthüllen und Verschlussclips gehören zur Füllmenge einer fertigverpackten Leberwurst. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen entschied in zweiter Instanz am 24.05.2024, dass auch nicht essbare Wurstclips bzw. nicht essbare Wursthüllen zum Nettogewicht eines Lebensmittels gehören. Damit wurde das erstinstanzliche Urteil geändert. (Az.: 4 A 779/23)
Die Eichbehörden beanstandeten bei dem klagenden Hersteller von Wurstwaren, dass Wursthüllen und -clips, die nicht verzehrt werden, als Tara zu berücksichtigen und nicht zur Nettofüllmenge zuzurechnen seien. In erster Instanz gab das Verwaltungsgericht Münster den Eichbehörden recht, womit Wurstclips und nicht essbare Wursthüllen nicht zur „Nettofüllmenge des Lebensmittels“ zählen.
Das Eichamt hatte bei Kontrollen im Jahr 2019 beanstandet, dass beim Abfüllen Teile der Verpackung mitgerechnet wurden, die nicht essbar waren. Dabei bezog es sich auf die Lebensmittelinformationsverordnung aus dem Jahr 2014. Zu Unrecht, wie das OVG jetzt entschieden hat. Demnach gehören auch nicht essbare Wurstclips bzw. nicht essbare Wursthüllen zum Nettogewicht eines Lebensmittels. Das OVG NRW begründete seine Entscheidung u. a. damit, dass Würste erst als fertigverpackt anzusehen sind, wenn sie mit einer Umschließung beliebiger Art (Fertigpackung) an die (End-)Verbraucher abgegeben werden sollen. Denn nur mit diesem Begriffsverständnis können umhüllte Würste weiterhin ohne Angabe der Nennfüllmenge zur Verwiegung an der Fleischtheke angeboten werden.
Das letzte Wort ist in diesem Fall womöglich noch nicht gesprochen. Der Senat in Münster ließ die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.
(at) Österreich. Mäusekot als Indiz für Nagerbefall ist nicht nur während der Öffnungszeiten eines Restaurants ein Hygieneproblem. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg entschied, dass es unerheblich ist, ob das Restaurant zum Zeitpunkt der Kontrolle geöffnet war oder nicht. Das Vorhandensein von Mäusekot im Lebensmittellagerraum ist bereits unstrittig und überzeugend Beweis dafür, dass keine geeigneten Verfahren zur Schädlingsbekämpfung vorgesehen waren. (LVwG-1-135/2024-R18, 12.02.2024)
Bei einer amtlichen Kontrolle in einem Restaurant in Vorarlberg bemängelte die Lebensmittelbehörde fehlende Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung im Betrieb. Zum Zeitpunkt der Kontrolle wurde in einem Lagerraum Mäusekot festgestellt. Der Lagerraum wurde sowohl für offene Lebensmittel als auch für vorverpackte Lebensmittel genutzt.
Bereits ein halbes Jahr zuvor wurde der Betrieb durch die Behörde kontrolliert und es wurde eine vorsorgliche Schädlingsbekämpfung gefordert. Dieser Forderung wurde allerdings nicht Folge geleistet.
Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 90 Abs 3 Z 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) i.V. mit Art. 3 und Anhang II Kap IX Z 4 VO EG 852/2004 und des § 90 Abs 4 Z 2 i.V.m § 21 LMSVG. Es wurde eine Geldstrafe im mittleren dreistelligen Bereich verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Stunden festgesetzt.
Gegen das Straferkenntnis der Behörde legte der Lebensmittelunternehmer Beschwerde ein. Diese begründet er damit, dass die amtliche Kontrolle nicht rechtmäßig stattgefunden habe, da das Restaurant zu diesem Zeitpunkt für Gäste bereits geschlossen war und es noch keine Reinigungsarbeiten gegeben hätte. Dies sah das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg anders. Demnach spielt es nämlich keine Rolle, ob das Restaurant zum Zeitpunkt der Kontrolle geöffnet ist oder nicht. Das Vorhandensein des Mäusekots im Lagerraum ist bereits unstrittig und überzeugend Beweis dafür, dass keine geeigneten Verfahren zur Schädlingsbekämpfung vorgesehen waren.
Das Landesverwaltungsgericht warf dem Beschuldigten vor, dass keine geeigneten Verfahren zur Bekämpfung von Schädlingen in der Betriebsstätte vorgesehen gewesen seien, obwohl geeignete Verfahren zur Bekämpfung von Schädlingen vorzusehen sind. Auch seien geeignete Verfahren vorzusehen, um zu vermeiden, dass Haustiere Zugang zu den Räumen haben, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder gelagert werden (oder, sofern die zuständige Behörde dies in Sonderfällen gestatte, um zu vermeiden, dass
ein solcher Zugang zu einer Kontamination führe). Ebenso sei er als Lebensmittelunternehmer seiner Verpflichtung nach Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nicht nachgekommen, die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu kontrollieren, durch Eigenkontrolle zu überprüfen und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikominderung zu veranlassen. Zu dem Einwand des Beschuldigten, dass die Betriebsstätte zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht geöffnet gewesen sei und auch noch keine Reinigungsarbeiten stattgefunden hätten, führte das Gericht aus, dass der Tatbestand des Anhang II, Kapitel IX Z 4 der Lebensmittelhygiene-Verordnung bereits erfüllt wird, wenn ein Schädlingsbefall vorliegt. Dies war unstrittigerweise aufgrund des im Lagerraum vorgefundenen Mäusekots offensichtlich der Fall. Somit geht auch die Argumentation, es seien noch keine Reinigungsarbeiten durchgeführt worden, ins Leere. Wie jeder Lebensmittelunternehmer in der gesamten Lebensmittelkette muss auch er für den Bereich seiner Verarbeitungsstufe – unabhängig von Öffnungszeiten der Betriebsstätte – Sorge tragen, dass die Lebensmittelsicherheit nicht gefährdet wird. Die Hauptverantwortung für die Sicherheit eines Lebensmittels liegt beim Lebensmittelunternehmer (Kapitel I Art 1 Abs 1 lit a und b der Lebensmittelhygiene-Verordnung).
Schlussendlich wurde gegen den Lebensmittelunternehmer eine Geldstrafe von 520 Euro verhängt.
München (at) Klimaneutralität und Regionalität kommen bei Verbrauchern gut an. Die Biermarke „Wunderbraeu“ habe aber Eindrücke erweckt, die so nicht zutreffen, so das Landgericht (LG) München I (Urteil vom 08.12.2023, Az. 37 O 2041/23).
Die Firma Wunderdrinks GmbH darf ihr „Wunderbraeu“ nämlich weder als Münchner Bier noch als klimaneutral bewerben, hat das Gericht entschieden und damit der Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs stattgegeben. Sie darf ihr Bier „Wunderbraeu“ nicht mit der bekannten Münchner Hopfenstraße in Verbindung bringen, wenn dort zwar die GmbH sitzt, aber nicht gebraut wird. Zudem darf das Bier laut dem Landgericht München I nicht mehr als „CO2-positiv“ beworben werden.
Das Unternehmen Wunderdrinks GmbH stellt unter anderem Biere unter der Marke „Wunderbraeu“ her. Auf dem Etikett nutzt es im Zusammenhang mit der Marke eine Münchner Adresse – die angegebene Straße ist als Sitz von Brauereien bekannt. An dieser Adresse findet sich allerdings nur der Verwaltungssitz der GmbH, das Bier wird außerhalb Münchens gebraut.
Das LG München I sieht in dieser Zusammenstellung eine Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher über die Herkunft des Getränks. Zwar möge die Bezeichnung für sich gesehen für die GmbH als Vertriebsunternehmen zulässig sein und die Angabe auch den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Das ändere aber nichts daran, dass die Aufschrift den Eindruck erwecke, die angegebene Anschrift bezeichne den Herkunftsort des Bieres selbst. Dies sei unzulässig und auch geeignet, die Entscheidung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu beeinflussen.
Nach Auffassung des Gerichts führen ebenso die Angaben „CO2-positiv“ und „klimaneutrale Herstellung“ unzulässig in die Irre. Die Bewertungsmaßstäbe, aufgrund derer das Unternehmen diese Äußerungen treffe, seien auf den Etiketten der Flaschen nicht hinreichend transparent offengelegt. Es reiche demnach nicht aus, dass ein QR-Code auf der Flasche zu den gewünschten Informationen über die Bedeutung der Angaben zur Klimabilanz führe.
Verbraucher seien vor dem Hintergrund des viel diskutierten „Greenwashings“ darüber aufzuklären, inwieweit eine behauptete Klimaneutralität durch Einsparungen oder durch Ausgleichsmaßnahmen und, wenn ja, durch welche Ausgleichsmaßnahmen erreicht werde. Dies gäben die Informationen auf der Wunderbraeu-Homepage nicht her. Hinzu komme, dass der QR-Code auf der Wunderbraeu-Flasche nicht direkt neben der umweltbezogenen Werbung abgedruckt sei. Dass die notwendigen Informationen über den Code verfügbar seien, erschließe sich der Kundschaft daher nicht. Der Code lenke zudem nur allgemein auf die Wunderbraeu-Homepage, auf der Verbraucherinnen und Verbraucher dann selbst die gewünschten Infos suchen müssten.
Das Urteil vom 08.12.2023 – 37 O 2041/23 ist nicht rechtskräftig. Wir verfolgen den Fall gespannt weiter.
