Nährwertkennzeichnungs-Modelle: Vorläufiger MRI-Bericht liegt vor

Nutri-Score, Warnhinweise, Batterie-Modell oder doch lieber ein Keyhole-System wie in Skandinavien? Ein vereinfachtes, erweitertes Nährwertkennzeichnungs-System vorne auf der Lebensmittelverpackung ist ein zentraler Baustein einer ganzheitlich ausgerichteten Politik für eine gesunde Ernährung – und auch Auftrag aus dem Koalitionsvertrag.

Bundesministerin Julia Klöckner hatte daher das Max Rubner-Institut (MRI) beauftragt, ausgewählte relevante Nährwertkennzeichnungs-Systeme zu untersuchen. Das Gutachten wurde nun vorgelegt und ist eine der Grundlagen für den weiteren Entscheidungsprozess. Vorläufig ist der Bericht, da der zu berücksichtigende Bericht der EU-Kommission noch nicht vorliegt.

Zum Bedarf einer erweiterten Nährwertkennzeichnung

In Deutschland sind 47 Prozent der Frauen, 62 Prozent der Männer und 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig. Zu viel Zucker, Fette, gesättigte Fettsäuren und zu viel Salz sind nicht die einzigen, aber wichtige Gründe für die Entstehung von ernährungsmitbedingten Krankheiten wie Übergewicht oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Neben der Reduktions- und Innovationsstrategie ist ein vereinfachtes, erweitertes Nährwertkennzeichnungs-System ein wichtiger Baustein für gesunde Ernährung: Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher einfach erkennen können, wie ein Lebensmittel hinsichtlich der Nährstoffe beschaffen ist, fällt die Orientierung leichter und die gesunde Wahl wird einfacher. Eine verständliche Darstellung auf der Vorderseite der Lebensmittel (Front-of-Pack) kann so die Produktauswahl und damit die Nährstoffzufuhr ernährungsphysiologisch günstig beeinflussen.

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner strebt daher eine Kennzeichnung an, die klar ist, sich an der Lebensrealität der Verbraucherinnen und Verbraucher orientiert und auf vielen Lebensmitteln zur Anwendung kommt. Das heißt: Auf einen Blick für Verbraucher verständlich.

Weltweite Nährwertkennzeichnungs-Modelle im Vergleich – der MRI-Bericht

Weltweit gibt es verschiedene Nährwertkennzeichnungs-Modelle mit unterschiedlichen Zielrichtungen und Zielgruppen. Während manche die Energie- oder Nährwertgehalte eines Produktes einzeln beschreiben oder bewerten (wie bei der britischen Ampel), geben andere eine zusammenfassende Bewertung des Gesundheitswerts eines gesamten Produkts (wie bei Keyhole, Choices, Finnisches Heart Symbol, Nutri-Score und Health Star Rating).

Das MRI hat insgesamt elf relevante Nährwertkennzeichnungs-Modelle sowie den in Finnland vorgeschriebene Salz-Warnhinweis entlang von 18 Kriterien untersucht. Die Kriterien fußen dabei auf ernährungsphysiologischen und sozialwissenschaftlichen Gesichtspunkten (z.B. Eignung für Produktgruppen, Verbraucherfreundlichkeit, Wertung von günstigen und ungünstigen Inhaltsstoffen, Orientierung an wissenschaftlich fundierten Referenzmengen).

Der vorläufige MRI-Bericht verdeutlicht die unterschiedlichen Zielsetzungen der bestehenden Modelle und die damit verbundenen Stärken und Schwächen der untersuchten Nährwertkennzeichnungs-Systeme, die verschiedene Länder bereits eingeführt haben. Jedes vorhandene Kennzeichnungssystem habe Licht und Schatten, so die Wissenschaftler. Kein Nährwertkennzeichnungs-Modell ist damit uneingeschränkt zu empfehlen oder abzulehnen. Der Bericht schafft eine vergleichbare und wissenschaftlich fundierte Diskussionsgrundlage. Die Ergebnisse werden in den weiteren Prozess zur Entwicklung eines vereinfachten, erweiterten Nährwertkennzeichnungs-Systems für Deutschland einbezogen.

Der weitere Konsultations- und Entscheidungsprozess mit Verbrauchertests

In Deutschland besteht seit Ende 2016 eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung. Für die im Koalitionsvertrag vorgesehene erweiterte Nährwertkennzeichnung steht die Entscheidung über die Art dieses Systems noch aus. Sie wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gemeinsam mit der Verbraucher- wie auch Lebensmittelwirtschaftsseite, dem Handwerk sowie weiteren Stakeholdern erarbeitet. Diese haben zum Teil sehr unterschiedliche Vorstellungen.

Das Ziel von Bundesernährungsministerin Klöckner ist, ein Nährwertkennzeichnungs-System einzuführen, das einerseits dem Verbraucher einfach auf einen Blick Hilfestellung für eine gesunde Wahl gibt und anderseits möglichst breit zur Anwendung kommt.

Dabei muss Folgendes berücksichtigt werden:

  • Die EU-Kommission hat ebenfalls einen Bericht zur Evaluierung der bestehenden freiwilligen Nährwertkennzeichnungs-Systeme angekündigt. Dieser liegt noch nicht vor, der Termin der Veröffentlichung wurde mehrfach verschoben. Daher muss der Bericht des MRI überprüft und eventuell aktualisiert werden, wenn der EU-Bericht veröffentlicht wurde. Perspektivisch wäre ein EU-einheitliches erweitertes Nährwertkennzeichnungs-System sinnvoll.
  • Die EU-Rechtsetzung lässt nur die Möglichkeit zu, dass die EU-Mitgliedstaaten ein erweitertes Nährwertkennzeichnungs-System als nicht verpflichtende Lösung einführen.
  • Bei der Einführung für ein vereinfachtes erweitertes Nährwertkennzeichnungs-System bedarf es der Unterstützung und Akzeptanz der Unternehmen der Ernährungswirtschaft und des Handels. Damit es vielen Verbrauchern eine Orientierung zur gesunden Ernährung geben kann, sind möglichst viele gekennzeichnete Lebensmittel in möglichst vielen Lebensmittelmärkten notwendig.
  • Sobald eine Einigung über ein Kennzeichnungssystem besteht, wird dieses Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt gemacht und erklärt. Bereits bei der Erarbeitung möchte Bundesernährungsministerin Klöckner konkrete Kennzeichnungssysteme auf das Verbraucherverständnis testen. Auch das MRI wird einen Vorschlag für ein Kennzeichnungssystem vorlegen, der in diesem Rahmen getestet werden soll.

 

Zum Bericht des Max Rubner-Instituts (MRI):

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