Chance vertan - Bundesländer stimmen für umstrittene Reform der amtlichen Lebensmittelüberwachung

 

Am 18.09.2020 billigten die Bundesländer ein gutes Dutzend Verordnungen und Verwaltungsvorschriften - unter anderem auch zu Kontrollen in der Lebensmittelbranche. So kurz und lapidar berichtet Bundesrat kompakt - das wichtigste zur Sitzung, u. a. über die seit längerer Zeit diskutierte Änderung der Fristen für Regelkontrollen von Lebensmittelunternehmen.

 

Entwurf der AVV RÜb: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0401-0500/416-20.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Empfehlungen der Ausschüsse: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/TO/993/erl/77.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Beschluss des Bundesrates: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0401-0500/416-20(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1

 

Mit der nun beschlossenen Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Rahmen-Überwachung (AVV RÜb) werden die Regelkontrollfristen für viele Unternehmen z. B. verringert.

Der neue Punkteschlüssel der vom Bundesrat gebilligten AVV RÜb führt dazu, dass alle Betriebe mit einer Kontrollhäufigkeit von mehr als einer Routinekontrolle im Jahr (Risikoklassen 1-5) automatisch und ohne eigenes Zutun eine Stufe nach oben rutschen. Damit werden auch Gaststätten und Imbissbetriebe, in denen viele Verstöße festgestellt werden, seltener planmäßig kontrolliert werden.

Bei einer zunehmenden Anzahl von Lebensmittelunternehmern (in den meisten Quereinsteiger) mit unzureichenden lebensmittelhygienischen und Deutsch-Kenntnissen ist ein Rückgang der Überwachung gerade bei diesen Betriebsarten kontraproduktiv. Besonders bei nichtdeutschsprachigen Unternehmern wird zukünftig die bisherige Hilfestellung bei der Betriebsführung nicht mehr gewährleistet sein. Die präventive Arbeit vor Ort bei den bisherigen Problemfällen wird durch die neuen Kontrollfristen erschwert. Bei den Routinekontrollen erfolgt neben der Kontrolle grundsätzlich auch eine Beratung und Information des Gewerbetreibenden zu rechtlichen Neuerungen. Die Aufdeckung von Verstößen, als auch der präventiv gesundheitliche Verbraucherschutz werden durch reduzierte Regelkontrollen unterminiert.

Die Anzahl der „Problembetriebe“ dürfte daher nun steigen. Die in der verabschiedeten AVV RÜb benannten anlassbezogenen Kontrollen ergeben sich bei Verstößen, die bei den routinemäßigen Kontrollen festgestellt werden und sind kein neues „Instrument“. Anlassbezogene Kontrollen sind somit Nachkontrollen, Kontrollen aus Anlass sind Verbraucherbeschwerden und auch Rückrufkontrollen zu nicht sicheren Lebensmitteln.

„Eine Verringerung der Kontrollhäufigkeit sollte immer das Ergebnis einer guten Unternehmerleistung und nicht der Kassenlage der öffentlichen Hand geschuldet sein“.

Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure Deutschlands e. V. sieht in den nun geltenden Regelungen eine Schwächung der amtlichen Lebensmittelüberwachung und appelliert eindringlich an die zuständigen Bundesländer, eine adäquate und dem schon immer geltenden „risikobasierten“ Ansatz entsprechende personelle und technische Ausstattung der einzelnen Ämter für die amtliche Lebensmittelüberwachung zu garantieren/zu gewährleisten.

Wir als berufsständische Vertretung für Lebensmittelkontrolleurinnen und Lebensmittelkontrolleure stehen den Entscheidungsträgern für einen konstruktiven Dialog zum Schutz des Verbrauchers und der Optimierung der amtlichen Lebensmittelüberwachung direkt an der Basis gern zur Verfügung.

 

Weiterführende Links zum Thema:

juristisches Gutachten zur AVV Rahmen‐Überwachung – AVV RÜb

Lebensmittelkontrolle - Fehlanzeige: Zu wenig Personal, zu wenig Geld

Pressemitteilung von BVLK, BbT und foodwatch, vom 28.08.2020

Video der Pressekonferenz zur AVV-RÜb von BVLK, BbT und foodwatch (28.08.2020)

Hintergrundpapier (28.08.2020)

Statement vzbv (28.08.2020)

Presseerklärung des BVLK zur Veröffentlichung des beschlossenen Entwurfes der AVV RÜb vom 29.07.2020

DLF-Interview des stellvertretenden Bundesvorsitzenden Maik Maschke

 

Quellen:

https://www.foodwatch.org/de/startseite/

https://srv.deutschlandradio.de/

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